Aus der Baumfrau wurde eine Bankfrau

25. Januar 2023

Bockenheim. Seniorin sammelt fleißig Geld und stiftete ihrem Heim eine Sitzgelegenheit

Über zehn Senioren sitzen in einem Kreis zusammen. Sie alle strecken ein Tuch in die Höhe und bewegen es nach links und rechts, so wie es die Übungsleiterin vormacht. Auch Grete-Lore Böcher (90) macht jeden Montag bei der Gymnastik mit. Sie wohnt seit über zwei Jahren im Seniorenzentrum St. Josefshaus. "Durch viel Bewegung bleibe ich fit. Deshalb laufe ich jeden Tag drei Runden durch den Park", erzählt Böcher mit ihren Stöcken in der Hand. Auf jeder Runde kommt sie dabei an ihrer eigenen Parkbank vorbei, die sie dem Seniorenzentrum jetzt geschenkt hat. Alleine durch ihr Aussehen fällt die Bank schon auf.


Platz für vier Personen

Im Gegensatz zu den anderen Parkbänken ist die Sitzgelegenheit aus tropischem Edelholz und hat zwei Seitenteile · aus Stahl. Diese sind in der gleichen dunkelgrauen Farbe wie die anderen lackiert. "Die alten Bänke werden heute nicht mehr produziert. Deshalb mussten wir einen neuen Stil aussuchen", erklärt Böcher. Gekostet hat die Bank mit der Montage 1900 Euro. Um das Geld zusammenzubekommen, hatte sich Böcher an ihrem Geburtstag Geld gewünscht. 1500 Euro kamen durch ihre drei Kinder, sechs Enkelkinder und Freunde zusammen. 200 Euro waren noch von ihrem letzten Projekt übrig und 200 Euro hat sie selbst  draufgelegt. 

Jetzt können sich auf die Parkbank bis zu vier Personen setzen. "Ich selbst saß durch den vielen Schnee in den vergangenen Wochen bisher nur einmal auf der Bank. Das werde ich aber ändern, wenn sie wieder  trocken ist", freut sich die 90-Jährige. Besonders schön wird der Ausblick von der Bank im Sommer sein. Dann blühen auch die zwei Bäume, mit denen ihr Engagement angefangen hatte. "Damals fragte mich ein kleines Mädchen, das mit ihrem Vater auf einer Bank saß, während ich im Park meine Runden·lief, wie viele ich denn laufen würde", erinnert sich Böcher. "Wir unterhielten uns daraufhin und dann habe ich auch davon erzählt, dass ich gerne neue Bäume pflanzen will. Das Mädchen war begeistert. Das hat mich sehr angespornt." In der Weihnachtszeit im vergangenen Jahr saß Böcher dann an jedem Wochenende bis zu drei Stunden am Eingang und sammelte Spenden für einen neuen Baum. "Manchmal habe ich auch aus Versehen einen Besucher zwei Mal angesprochen. Ich war hoch motiviert, das nötige Geld zu bekommen."

Letzten Endes schaffte die Seniorin es. Nachdem die Einrichtungsleiterin Brigitte Hoppe von dem Erfolg hörte, stiftete sie einen zweiten Baum und organisierte im Juli eine Feier. "Seitdem kennen mich viele hier.
Manche nennen mich sogar Baumfrau", lacht Böcher. Auf dieser Feier sagte Hoppe aus Spaß zur Seniorin: "Jetzt fehlt noch eine Bank."

In ihrem Eifer kaum zu bremsen

Aus dem Spaß wurde ernst und Böcher wünschte sich das Geld zu ihrem 90. Geburtstag. "Es freut mich sehr, wenn Bewohner sich engagieren. Das ist immer ein Zeichen davon, dass sie sich wie zu Hause fühlen. Besonders der Eifer von Frau Böcher ist beeindruckend", sagt Hoppe. Sie erinnert sich noch daran, als die damals 88-Jährige im September 2020 in der Hochzeit von Corona eingezogen ist. "Sie musste als
neue Bewohnerin erst 14 Tage in Quarantäne. Danach gab es einen Corona-Fall auf ihrem Flur. Dadurch musste sie erneut 14 Tage im Zimmer bleiben. Das war eine sehr schlimme Zeit für Frau Böcher", erinnert sich Hoppe. Umso erleichterter sei sie jetzt, dass sie sich wohlfühle. Die 90-Jährige fügt hinzu: "Ich bin dankbar, dass Frau Hoppe da ist. Die Kommunikation war super. So macht es Spaß, etwas auf die Beine zu stellen." Deshalb denke sie sich in ihrem Sessel immer wieder etwas Neues aus. Ihre nächste Idee hat sie zusammen mit einer anderen Bewohnerin ausgeheckt. Die beiden Damen haben im vergangenen
Herbst drei Eicheln im Park des Seniorenzentrums gesammelt und in einen Topf gepflanzt. Böcher schätzt, dass die drei Setzlinge im kommenden Sommer groß genug sind, um sie im Park einzupflanzen. Was danach kommt, weiß ich noch nicht. Ich finde es einfach schön, etwas Gutes für die anderen zu machen." 

(c) Nikolai Kuhnert - Frankfurter Neue Presse



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